Vergebung

Vergeben und vergessen – Nein!

Vergeben und vergessen, wer kennt das nicht? Doch wer ehrlich ist, merkt, dass es nicht ganz so einfach ist. Je nachdem, was vorgefallen ist, stellt sich die Vergebung als sehr herausfordernd dar. Oft habe ich gehört, du musst einfach von Herzen vergeben, was ungefähr gleichgestellt mit dem Vergessen der Tat verbunden ist. Doch in meinem Leben merke ich, dass einer anderen Person Vergebung zuzusprechen, nichts mit Vergessen zu tun hat, sondern viel mehr mit dem Zuspruch einer Zusage über einen angemessenen Umgang mit der Situation.

Wenn wir das Wort einmal aus einer juristischen Perspektive betrachten, woher es im Übrigen auch kommt, sehen wir, dass sich dieses Wort vielmehr als Zuspruch eines angemessenen Umgangs mit der Situation entpuppt. Ich vergebe die Möglichkeit dich vor Gericht anzuklagen. Eine vergebene Chance vor Gericht für Gerechtigkeit zu sorgen.

Wenn dir jemand unrecht angetan hat und du dieser Person vergibst, heisst das, dass du die Chance vergibst, die Person juristisch anzuklagen. Das heisst aber nicht, dass du geschehenes vergisst und als ungeschehen betrachtest.

Vergebung hat nichts mit Vergessen zu tun und auch nicht mit Wiedergutmachung. 

Es ist zum einen ein zwischenmenschlicher Zuspruch nicht gleiches mit gleichem zu vergelten und auch, dass von einer Anklage abgesehen wird – geschehen ist es trotzdem und Verletzungen müssen trotzdem aufgearbeitet werden und können nicht einfach durch frommes Vokabular ungeschehen gemacht werden. Wenn ich an alle Menschen denke, die durch „die Hölle“ mussten und unsere Antwort lediglich ist, dass sie einfach vergeben müssen und alles wird wieder gut, greift mir das einfach zu kurz. Verletzungen sollen und müssen professionell aufgearbeitet werden.

Zum anderen sehen wir das auch bei Gott. Durch Jesus Christus, den Erlöser des gesamten Kosmos, beweist Gott seine Barmherzigkeit gegenüber dem Kosmos. Die Tat am Kreuz von Jesus Christus, dient als Zeichen, dass Gott sich nicht an den Menschen rächen wird, sondern dem Kosmos vergibt und uns nicht für unser Fehlverhalten bestraft. Christus hat sich nach seiner Kreuzigung nicht an den Mördern gerächt, sondern ihnen am Kreuz selbst noch vergeben.

Vergessen werden müssen ungerechte Taten nicht, die an uns ausgeübt wurden, doch wir sollten einen Umgang mit ihnen lernen. Sowie Jesus (Gott) den Menschen vergibt, so sollen auch wir vergeben. Gott hat einen Umgang mit Fehlverhalten, dass er uns nicht dafür anklagen will, und genauso sollen wir es auch tun. Vergisst deshalb Gott, was wir falsch gemacht haben? Nein, doch er entscheidet sich für den barmherzigen Akt der Vergebung.

Geschehenes kann nicht rückgängig gemacht werden, auch wenn es von den Schuldigen bereut wird. Vergebung wird aber oft dazu missbraucht, dass wir über gewisse Dinge hinwegsehen sollen und sie dadurch als ungeschehen betrachten sollten. Nein, ich vergebe die Chance, selbst für Gerechtigkeit zu sorgen.

Ich wünsche mir, dass wir für unser Handeln mehr Verantwortung übernehmen und unser Bewusstsein stärken, dass wir Menschen durch unsere Taten und Worte verletzen und nicht nach unseren Verfehlungen einfach eine missbräuchliche Vergebung zu beanspruchen. Ja, wir wollen vergeben und das Recht auf Vergeltung vergeben und unsere Traumata aufarbeiten mit Gott und professioneller Hilfe.

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